Der letzte Studebaker, das erste Muscle Car

Die Amerikanische Firma Studebaker ist in Deutschland vor allem durch den Typ "Champion" bekannt. In der den 1980er Jahren diente er der Musiksendung "Formel Eins" als Erkennungssymbol. Der Avanti war der letzte Entwurf der Traditionsmarke.

Heute pappt der violette "Formel Eins Champion" ausgemustert an einer Wand in den Münchener Bavaria Film Studios und rostet ein wenig vor sich hin.

Der Champion wurde von Raymond Loewy, einem der international bekanntesten Produktdesigner des 20 Jahrhunderts, entworfen. Die Beziehung zu Studebaker geht bis in die 1930er Jahre zurück. Loewy zeichnete damals das „neue Markenlogo" von Studebaker. Er redesignte auch das Logo von Shell und entwarf welche für Lucky Strike oder die Supermarktkette Spar.

Bekannt ist Loewy aber auch für die Überarbeitung der Coca-Cola - Konturflasche, die sich bis heute noch in der Plastikausführung an Loewys Entwurf orientiert.

Mit Loewys "Champion" gelang Studebaker im Jahr 1947 ein wesentlich besserer Einstieg ins florierende Automobilgeschäft der Nachkriegszeit als GM, Ford oder Chrysler. 1953 legte Loewy noch mal mit dem avantgardistischen Nachfolger nach.

Leider ruhte sich das Management auf den frühen Erfolg aus. Raymond Loewy war ihnen in der Mitte der 1950er Jahre bereits zu kostspielig geworden. Und so verschlimmbesserte man das tolle Ausgangsdesign von Modellpflege zu Modellpflege.

Die großen Drei nahmen Studebaker mehr und mehr Kunden ab. Ab den 1960er Jahren bauen sie vermehrt selbst Kompaktwagen.

Im Jahr 1961 drohte der Untergang des Unternehmens und dadurch angespornt sollte jetzt auf die Schnelle ein besonderes Automobil her, das völlig anders ist als die Konkurrenzmodelle.

So rief man erneut Loewy an und versammelte daraufhin kurzfristig ein kleines Team von Fachleuten in seinem Studio. Man machte sich zügig an die Arbeit, denn die Gerüchteküche vom Ende Studebakers machte in der Presse bereits die Runde und damit brachen mehr und mehr die Verkaufszahlen ein.

Im Jahr 1962 präsentierte das Team den ersten Prototypen, ein Meisterstück mit dem Namen Avanti (=Schnell). Die Form und die Details standen sogar schon nach drei Monaten fest. Das Auto war tatsächlich anders und erschien zukunftsweisend mit seinem Colaflaschen-Hüftschwung und dem fehlenden Kühlergrill. Gleichzeitig wies es in die Richtung des Pony-Cars – kleines sportlich anmutendes Coupe mit großem Motor.

Die Frontgestaltung spaltete seiner Zeit schon die Gemüter, dennoch wirkte sie in ihrer Zeit "spacig" modern. Und man darf nicht vergessen, gutes Design muss spalten.

Fachpresse und Publikum waren in den USA gleichermaßen begeistert und viele Kunden bestellten das Fahrzeug im Voraus. Die Serienproduktion der GFK Karosserie erwies sich als problematisch (Passgenauigkeit der Teile) und verzögerte die Auslieferung um rund ein Dreivierteljahr.

Die Ursache lag darin, dass Studebaker zuvor keine Erfahrungen mit GFK gesammelt hatte. Wegen der erforderlichen Steifigkeit baute man den Avanti auf das Chassis des Studebaker Lark Convertible Cabrios auf.

Weil die Karosserien vom Zulieferer Molded Fiberglass keinen Qualitätsansprüchen standhalten konnten, benötigte Studebaker einige Zeit, um selbst eine Fließbandproduktion zu initialisieren. Für die Kunden war der Avanti zum Zeitpunkt des Auslieferungsbeginns bereits ein verstaubter Hut, vor allem, weil Chevrolet zur gleichen Zeit bereits mit der Corvette die Aufmerksamkeit auf sich gerichtet hatte.

Übrigens wurde die Corvette Karosserie ebenfalls bei Molded Fiberglass hergestellt und von daher lieferte die unterschiedliche Qualität der Karosserien das Wasser auf die Mühlen verschiedenster Verschwörungstheoretiker. Wie auch immer, den Kampf gegen die Corvette hatte der neue Avanti damit schon vor Verkaufsantritt verloren.

Im Jahr 1963 Verließen nur rund 3800 Avantis das Werk, während Chevrolet gleichzeitig rund 21000 Fahrzeuge an den Mann brachte. Zu allem Unglück hatten ungeduldige Kunden wegen der Verzögerungen ihre vorab getätigte Bestellung bei Studebaker storniert. Insgesamt wurden nur 4643 Fahrzeuge hergestellt.

Bei der Corvette kann man für Chevrolets Verhältnisse natürlich auch nicht von einem Bestseller sprechen. Aber es gelang erneut einen konkurrierenden Kleinsthersteller in den Ruin zu treiben.

Studebaker überlebte das Fiasko gut 2 Jahre und baute in Kanada die Modelle Commander, Daytona und Cruiser mit GM Aggregaten weiter, bevor sich die Tore im Jahr 1966 endgültig schlossen.

Gegründet wurde die Firma Studebaker übrigens von zwei deutschstämmigen Amerikanern im Jahr 1852 (Henry und Clement Studebaker - deutscher Name: Stutenbäcker).

Der klassische Studebaker Avanti verfügte über einen V8 Motor, Wasserkühlung und eine zentrale Nockenwelle; zwei Ventile pro Zylinder. Die Basismotorisierungsvariante R1 verfügte über rund 227 PS bei 4,7 Liter Hubraum. Der Motor war mit 10,25:1 recht hoch verdichtet. Das maximale Drehmoment lag bei 413 Nm bei 3000 U/min.

Die Kompressorversionen R2 (mit Paxton Kompressor ca. 289 PS) und R3 holten aus den 4739 cm³ Hubraum rund 400 PS (Amerikanische SAE Brutto PS) heraus. Stärkste Version des Studebaker-V8 war aber der R5, der lediglich zu Versuchszwecken entwickelt wurde. Mit je einem Kompressor pro Zylinderbank kam dieses Triebwerk auf nicht weniger als 575 PS. Bei einem Rekordversuch erreichte das Fahrzeug immerhin gut 316 km/h.

Standard war eine Borg - Warner -Dreistufenautomatik und auf Wunsch gab es ein Viergang - Schaltgetriebe. Vorne hatte der Avanti eine Einzelradaufhängung an Querlenkern, Spiralfedern und Scheibenbremsen, was dem Wagen für amerikanische Verhältnisse eine Verzögerung bescherte. Hinten gab es eine Starachse an Längslenkern, halbelliptische Blattfedern und Trommelbremsen.

Die Abmessung (LxBxH) lag etwa bei 4,87m x 1,78m x 1,37m. Bei Tempo 185 war allerdings schon Schluss mit lustig. Die Beschleunigung von 0 auf 100 km/h erreichte der fast 1,5 Tonnen schwere R1 in gut 11 Sekunden. Sein Verbrauch lag in etwa bei 15 Liter auf 100 Kilometer. Die Fahrdynamik des Fahrzeugs lag deutlich über dem US Durchschnitt in seiner Zeit.

Bereits im Jahr 1965 erwarben zwei Autohändler (Nate Altman und Leo Newman) den Avanti aus der Konkursmasse und fertigten den sogenannten Avanti II mit Originalkarosserie und praktischerweise mit dem Motor des ehemaligen Konkurrenten Corvette.

Der Avanti ist, bzw. war, ein nicht unbedeutender Beitrag von Studebaker zum amerikanischen Muscle Car.

Zu den bekannten Besitzern zählten u.a. Frank Sinatra, Shirley Bassey und Alice Cooper.

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